Warum schlängeln sich natürliche Flüsse?

Wer an einen natürlichen Fluss denkt, sieht oft ein Bild vor sich: ein sich schlängelndes Band aus Wasser, das sich in Kurven durch Wiesen, Auen oder Wälder zieht. Diese Flussschlingen nennt man Mäander. Sie sind Ausdruck einer lebendigen, dynamischen Flusslandschaft und eine wichtige Grundlage für biologische Vielfalt. 

Was ist ein Mäander? 

Ein Mäander ist eine natürliche Biegung in einem Flusslauf, die entsteht, wenn Wasser nicht geradlinig, sondern in Kurven durch die Landschaft fließt. Diese Bewegung ist kein Zufall – sie ergibt sich aus physikalischen Prozessen. Wasser fließt schneller an der Außenseite einer Kurve (dem sogenannten Prallhang) und langsamer an der Innenseite (dem Gleithang). Am Prallhang wird das Ufer erodiert, also abgetragen: Dort entstehen steile Abbruchkanten. Am Gleithang hingegen lagert das Wasser Sedimente wie Kies und Sand ab: Es bildet sich ein flacher Uferbereich. Diese ständige Verlagerung von Material lässt den Fluss über Jahre und Jahrzehnte wandern.

 

Mäander schaffen Lebensvielfalt 

Die strukturelle Vielfalt eines mäandrierenden Flusses, mit tiefen Kolken, flachen Kiesbänken, Uferabbrüchen und überfluteten Auen, schafft eine Vielzahl an Lebensräumen für Tiere und Pflanzen: 

Je stärker ein Fluss mäandriert, desto abwechslungsreicher ist sein Mikrohabitat, und desto mehr Arten finden dort eine ökologische Nische.

Auswirkungen von Kanalisierungen 

Viele Flüsse wurden im Laufe der letzten Jahrhunderte begradigt, eingedeicht und kanalisiert, unter anderem um Land zu gewinnen, Hochwasser einzudämmen oder Wasserwege für die Schifffahrt nutzbar zu machen. Dabei ging nicht nur die Mäanderstruktur verloren, sondern auch viele der wertvollen Lebensräume. Die Folgen sind Artenrückgänge, eine geringere Selbstreinigungskraft des Wassers und eine höhere Anfälligkeit für Hochwasserereignisse. 

Flüsse wieder ins Gleichgewicht bringen 

Heute werden in Renaturierungsprojekten natürliche Flussdynamiken zurückgeholt und der Wert von intakten, mäandrierenden Flüssen erkannt. Durch die Rückverlegung von Deichen, das Wiederanschließen von Altwassern und die Zulassung von Erosion und Sedimentation können Flüsse wieder mäandrieren. Leider sind noch viele Flüsse und Bäche in Deutschland begradigt und in ihrer Struktur eingeschränkt und es liegt noch ein langer Weg vor uns, um Flüsse und ihre Auen wieder in ihren ursprünglichen, wertvollsten Zustand zu versetzen.

Mäander sind also das sichtbare Zeichen für einen gesunden, lebendigen Fluss. Sie schaffen Dynamik, Vielfalt sowie natürliche Stabilität und sind damit eine Grundlage für ökologisch intakte Fließgewässer und eine hohe Biodiversität. Wer Flüsse schützen oder renaturieren will, sollte ihnen vor allem eines zurückgeben: den Platz, sich zu bewegen. 

Zum Nach- und Weiterlesen:  

NABU Hessen: Gewässer brauchen Raum. Entwicklungsstreifen steigern die Artenvielfalt.